Mit dem Tod des Barons von Finck ist ein reiches Leben zu Ende gegangen. Die ersten Jahrzehnte wirkte er als persönlich haftender Bankier, später widmete er sich zahlreichen Beteiligungen, die ihn auch immer stärker in die Schweiz führten.
Michael Rasch, Frankfurt
Er wäre an sich gerne Landwirt geworden, hat August von Finck jr. einmal rückblickend gesagt. Doch dann habe er plötzlich zwischen seinem Vater und dessen Generalbevollmächtigtem Ernstberger gesessen und habe Bankier gelernt. Das muss wohl in den 1950er Jahren gewesen sein. Von Finck war bis zur deutschen Wiedervereinigung als geschäftsführender Gesellschafter des Münchner Bankhauses Merck, Finck & Co. einer der wenigen noch persönlich haftenden Bankiers in Deutschland. Im Oktober 1990 verkaufte er dann die hundertprozentige Kapitalbeteiligung an dem Bankhaus an die britische Barclays Bank.
Aufstieg durch Kolonialwarenhandel
Der Baron wurde am 11.März 1930 als Sohn des Bankiers August von Finck in München geboren. Er war das mittlere von drei Kindern aus dessen erster Ehe. Die Dynastie der Fincks geht auf seinen Grossvater Wilhelm Finck zurück, dessen unternehmerischer Aufstieg durch den familiären Kolonialwarenhandel Finck & Schäfer im hessischen Bad Vilbel ermöglicht wurde. Anno 1870 wechselte dieser zum Bankhaus Merck, Christian & Co. nach München. Nur neun Jahre später erfolgte die Umfirmierung in Merck, Finck & Co. Den erblichen Adelstitel erhielt Wilhelm von Finck im Jahr 1911.
Schon früh soll sich August jr. als Banker bewährt haben. Anfangs betreute er vor allem den umfassenden Beteiligungsbesitz der Bank. Dabei orchestrierte er in den 1970er Jahren den Verkauf der Edelstahlwerke Witten und der Stahlwerke Südwestfalen. Die Familie hatte zudem auch einen grossen Grundbesitz im Umland von München erworben, der sich später als sehr profitables Bauland erweisen sollte. Nach dem Tod seines Vaters im April 1980 wurde von Finck Sprecher der geschäftsführenden Mitinhaber.
Als Hauptmotiv für den Verkauf des Bankhauses im Jahr 1990 wurden die Herausforderungen durch den kommenden EU-Binnenmarkt genannt sowie das nachlassende Interesse von Fincks an der Übernahme von Kreditrisiken, für die er persönlich haftete. Danach kümmert er sich überwiegend um die zahlreichen Beteiligungen, die ihn immer stärker auch in die Schweiz führten. So übernahm die Familienholding 1991 mit 50,6% der Stimmrechte die Mehrheit an der Mövenpick Holding, die er später aufstockte.
Der Weg in die Schweiz
Dazu kamen nach und nach weitere Beteiligungen, etwa an Alusuisse-Lonza und Oerlikon-Bührle, die aber nicht von Dauer waren. Als längerfristig erwiesen sich hingegen Beteiligungen an dem Warenprüfungs- und Zertifizierungsunternehmen SGS sowie am Von-Roll-Konzern. 2009 kehrte von Finck mit der Gründung der Bank von Roll in Zürich ins Bankgeschäft zurück. Ein Jahr später übernahm er zudem die Namensrechte am Edelmetallhändler Degussa und baute unter dem Namen Degussa Goldhandel ein Geschäft mit Kapitalanlagen in Edelmetallen auf.
In Deutschland machte im Jahr 2010 auch ein Streit um das Erbe seines Vaters Schlagzeilen, der 2019 zu seinen Gunsten entschieden wurde. In Berichten wird von Finck als Person beschrieben, die öffentliche Auftritte lieber mied und sich selten auf den Glamourpartys der Schickeria in München und in anderen Orten zeigte. Sein Interesse soll stets auch den Wäldern in Familienbesitz sowie der familieneigenen Forellenzucht gegolten haben. Von Finck galt als einer der reichsten Deutschen. Forbes schätzt sein Vermögen auf umgerechnet 7,7Mrd.€.
Politisch unterstützte der Träger des Bayerischen Verdienstordens und des Grossen Goldenen Ehrenzeichens des Landes Steiermark konservative und liberale Parteien. Heutzutage würden viele Medien im Hinblick auf von Finck wohl von nationalem oder rechtem Gedankengut sprechen. Jahrelang unterstützte er die bayrische CSU finanziell, deren 1988 verstorbenem Übervater Franz Josef Strauss er nahegestanden haben soll. Im Jahr 2003 förderte er die Institution «Bürgerkonvent» des Publizisten Meinhard Miegel, und 2009 stellte er der FDP eine Parteispende über 1,1Mio.€ aus.
Familiensitz Schloss Weinfelden
Diese Gabe wurde für die FDP zu grossem Ballast, denn sie hatte einen faden Beigeschmack. Auf Druck der Freien Demokraten wurde in den damaligen Koalitionsverhandlungen mit der CDU eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Übernachtungen von 19 auf 7% vereinbart. Dies war ein Milliardengeschenk für die Hotellerie, von der auch von Fincks Mövenpick-Hotels profitierten. Viele Jahre etikettierten politische Gegner die FDP deswegen als Mövenpick-Partei, und im Jahr 2013 flog sie sogar aus dem Deutschen Bundestag.
Seit 2018 gab es immer wieder Berichte, wonach von Finck über seinen Bevollmächtigten Ernst Knut Stahl über mehrere Jahre die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) unterstützt haben soll. Von Finck hat diesen Gerüchten, soweit bekannt, nie widersprochen. In diesem Zusammenhang wird oft auch erwähnt, dass sein Vater als Bewunderer von Adolf Hitler galt und ab 1933 Spendenaktionen für die Nazi-Diktatur organisiert haben soll.
In den letzten mehr als 20 Jahren lebte von Finck mit seiner Frau Francine, einer geborenen Le Tanneux de Saint Paul, in der Schweiz. Das Paar hat vier Kinder: August François (geb. 1968), Maximilian Rudolf (1969), Luitpold Ferdinand (1971) und Marie-Thérèse (1975). Als Wohnsitz diente das Schloss Weinfelden im Kanton Thurgau, das er von seinem Vater geerbte hatte. Die Kinder sind alle in Aufsichtsgremien der Von-Finck-Beteiligungen aktiv und somit in die Pflege des Familienbesitzes eingebunden. August von Finck jr. ist am Montag im Alter von 91 Jahren überraschend in London verstorben.
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Giorgio V. Müller
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